Bester Matty Grove,
Ich lese gern von Sexualitäten, die nicht die meinen sind. Dann kann ich mich leichter auf den Text konzentrieren, aber mehr noch besteht meine Neugier darin, ob und wie mir ein Schreiber/Schreiberin eine neue kleine Welt zeigt, eine Spur von Nachvollziehbarkeit und Verständnis.
Ich habe diesen Text auf dem Sofa liegend gelesen bei 32 Grad Celsius Sommerwärme. Das ist für diese Geschichte zufällig ein passendes Ambiente. Sprachlich holpert nichts wie nach dem Umgraben im Herbst. Selbst die unvorhergesehenen Wendungen im Ablauf bringen keine Kühle.
Als ich begann, dachte ich: „Fetisch“-Geschichte. Die muss es auch geben. Zum Wesen des Fetisch gehört aber, dass er unverrückbar bleibt, und viel Entwicklung ist in einem Fetisch-Text nicht zu erwarten.
Weit gefehlt. Dein Text marschiert einmal längst durch die Pubertät. (So mein Eindruck. Viele Themen und Inhalte, auch meine, keimten in jener Zeit). Das verunsicherte Mädchen (im Text Kindfrau), das in einem unausgereiften Körper steckt. Der Junge, der die Bedeutung seines Schwanzes und die Gefahr, die von ihm ausgeht, heillos überbewertet. Im Text heißt er Simon und muss ihn wegschließen. Im Text sind sie schon älter, und ihre Unsicherheiten werden mit schlechten Vorerfahrungen begründet.
Jedenfalls bewegen sich diese beiden Figuren aufeinander zu, und ich habe in einem Rutsch gelesen. Positiv ist auch, dass der Text schön lang ist, dann habe ich mehr davon.
An einigen Stellen hätte ich mir mal eine Abkehr vom „Verliebtheits-Dauer-Zustand“ der beiden gewünscht. Das würde etwas realistischer wirken. Genuss braucht immer auch mal Pausen (dafür ist Simon im Text ja ein Paradebeispiel). Das gilt speziell für die Dialoge.
Dann habe ich mir überlegt, wohin die beiden sich wohl entwickeln, sagen wir mal in drei bis fünf Jahren? Na, wenn sich beide ihre schlechten Vorerfahrungen derart ablegen helfen, landen sie im 'stinknormalen' Sexleben. Oder nicht?