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Forum - Schreiben - Schreibtisch

Wenn man lange genug ins Schreibprogramm schaut ...

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

12.03.2024 um 00:14 Uhr

Liebe Mitautoren und Leser, die es interessiert, hier eine neue Frage an euch und ich bin auf die Antworten wie immer sehr gespannt.

 

Wenn man lange genug ins Schreibprogramm schaut, starrt es dann irgendwann zurück?

 

Eine komische Frage, aber vielleicht kommt sie dem ein oder anderen bekannt vor. Ich kam darauf, weil ich meine Geschichte (ja, noch immer die vom letzten Mal) schon im gefühlt hundertsten Durchlauf lese und immer noch Sätze, Adjektive und Formulierungen finde, die besser gehen könnten.

 

Die Adjektive übrigens, sind die hartnäckigsten Feinde: sie vermehren sich wie die Kaninchen und sorgen doch an den merkwürdigsten Stellen für eine schöne Satzmelodie.

 

Was mich jedoch interessiert, gibt es hier andere Autoren, die das kennen? Ein ewiger Kreislauf aus Verbesserungen, der einen quält und den man doch nicht lassen kann? Ist das bei euch Teil der normalen Arbeit oder schon Manie, die man (oder schreibt man hier besser "Ich") besser lassen solle? Was wisst ihr über bohrendem Perfektionismus und das Gefühl nie fertig zu sein (oder zu werden?) Ich warte (un-)geduldig auf eure Meinungen.

 

Euer Tek Wolf

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Schattenwölfin

Autorin. Förderer.

12.03.2024 um 16:07 Uhr

Nein, das kenne ich so nicht.

Ich lese meine Texte mehrfach, meistens auch einmal laut. Letzteres ist ein Tipp, den ich von Jona Mondlicht vor etlichen Jahren bekommen habe und der sich gut bewährt hat. Man überliest in einem eigenen und daher sehr vertrauten Text eher als man es überhört. So manche Wortwiederholung ist mir so z. B. ins Netz gegangen.

Abschließend vertraue ich auf das Urteil eines guten Freundes, schreib- und lektoratserfahren. Von ihm weiß ich, dass er deutlich individueller und flexibler auf mein Geschreibsel und meinen eigenen Stil reagiert als ein Programm es je könnte.

Für mich eine deutliche Schwäche solcher Programme; analog zu den Vorgaben der zahlreichen Schreibratgeber.

Nachtasou , meine ich mich zu erinnern, hat das mal mit „Malen nach Zahlen“ verglichen und damit auf den Punkt gebracht.

Textorganisatorisch — gerade bei längeren Geschichten — halte ich solche Programme für eine tolle Sache, um das ein oder andere zu prüfen, mögen sie hilfreich sein.

Man sollte sich von ihnen jedoch nicht knechten lassen. Auch nicht als Sub.

 

Beste Grüße

Wölfin

 

PS: In dem Satz(teil) „… immer noch Sätze, Adjektive und Formulierungen finde, die besser gehen könnten“ sehe ich die Gefahr, dass man irgendwann verschlimmbessert und sich von dem entfernt, was man eigentlich hat ausdrücken wollen, vor allem wie man es hat ausdrücken wollen. Da geht unter Umständen eine ganze Menge individuelle Klasse verloren.

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Jona Mondlicht

Autor. Korrektor. Teammitglied. Förderer.

12.03.2024 um 21:38 Uhr

geändert am 12.03.2024 um 21:40 Uhr

Lieber Tek Wolf,

 

ich denke, Du hast mit "Schreibprogramm" eine normale Textverarbeitung gemeint - und keine Autorensoftware. Letztendlich ist es aber kein Unterschied, aus welchem Fenster heraus der Text einen anstarrt, wenn man nicht so recht weiter weiß.

 

Während des Überarbeitens ist mir das allerdings noch nicht vorgekommen, ausschließlich beim Schreiben.

 

Warnen möchte ich Dich - genau wie Schattenwölfin - vor dem ständigen Ergänzen des Textes um Adjektive und davor, den Text immer mehr zu verschnörkeln, weil Dir bei jedem Lesegang noch ein tolles Wort einfällt. Dann wirst Du zu einem, der etwas handwerklich Gutes geschaffen hat, aber den Punkt verpasst, an dem es fertig ist - und so lange weiterschmirgelt, bis es unbrauchbar ist. Zwischen Satzmelodie und Kitsch liegen manchmal nur Millimeter.

 

Den Perfektionismus, den Du meinst, kann ich dagegen gut nachvollziehen, auch die "Manie", die Du beschreibst. Das zeichnet Dich als guten Autor doch aus, dass Du den Text in beste Form bringen möchtest. Und dass Du nicht sagst: Egal, mir fällt gerade nichts Besseres ein. 

 

Hinterfrage Dich bitte, ob Dein Klammern am Text vielleicht daran liegt, dass Du in ihn oder die Protagonisten so sehr verliebt bist und sie nicht loslassen möchtest. Denn ein "Ende" ist auch immer eine Art Abschied, ein harter Entzug, jedenfalls bei langen Texten. Schnell stellt sich das Gefühl ein, man könnte doch noch viel länger erzählen oder beieinander bleiben, anstatt plötzlich Leere zu spüren. Ich kenne das aus mindestens einem eigenen Roman. Damit tust Du aber Deinem Text nichts Gutes.

 

Sei Dir gewiss: Dir werden selbst in fünf Jahren noch Dinge einfallen, die Du dann anders schreiben würdest als jetzt. Manchmal muss man auch einfach einen Schlussstrich ziehen.

 

Viele Grüße

Jona

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

13.03.2024 um 11:19 Uhr

Liebe Schattenwölfin, lieber Jona Mondlicht,

 

danke für eure Antworten. Ich weiß, dass ich gerade von euch gute Denkanstöße erwarten kann, doch war ich überrascht, dass ihr so viele gute und weise Tipps für mich bereit haltet.

 

Schattenwölfin: Den Text laut zu lesen ist ein guter Rat, den ich auf jeden Fall einsetzen werde.

 

Jona Mondlicht: Ich glaube, wir haben sehr verschiedene Herangehensweisen an den Text: Du konzentrierst dich auf jeden Satz, bevor du den nächsten anfängst. Sicher die vernünftigere Vorgehensweise, aber ich bin mehr der Chaot, der die Ideen in die Maschine hackt, wie sie ihm einfallen und erst später mit den Einzelheiten kämpft. Vermutlich sind wir wie Michelangelo und Da Vinci

Deine Analyse jedenfalls, dass ich an meinen Charakteren hänge, ist wie immer messerscharf. In der Badewanne habe ich schon unzählige neue Abenteuer für sie entworfen.

Ja und auch bei den Adjektiven habt ihr beide recht. Ich verschnörkle gerne, mag Barock mehr als Bauhaus (obwohl auch der seinen Reiz hat). Nackte Sätze haben ja auch seinen Reiz, sind gewaltiger und eindrücklicher, aber ich mag eben auch das pointierte und raffinierte.

 

Danke euch beiden für die Meinungen und Denkanstösse. Sie haben wir wie immer gut weitergeholfen.

 

Viele Grüße

Tek

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Leo Me

Autorin.

13.03.2024 um 18:34 Uhr

Danke Tek Wolf für deine Frage und vielen Dank Schattenwölfin und Jona Mondlicht für eure Antworten.

Dem habe ich nicht viel hinzuzufügen, außer, dass ich vor kurzen die "Laut vorlesen" Funktion in Word entdeckt habe. Monoton und emotionslos durch eine Computerstimme vorgetragen, werde ich gnadenlos auf unpassende Formulierungen gelenkt.

 

Vielleicht probierst du das auch einmal aus?

Viele Grüße

Leo

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Schattenzeilen

Autorin. Teammitglied.

13.03.2024 um 18:34 Uhr

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

14.03.2024 um 13:15 Uhr

Liebe Leo Me,

 

die Funktion "laut vorlesen" hatte ich noch nie in Word gesehen und das obwohl sie eigentlich gut zu finden ist. Vielen Dank, das hilft wirklich sehr!

 

Grüße

Tek

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Jona Mondlicht

Autor. Korrektor. Teammitglied. Förderer.

15.03.2024 um 00:04 Uhr

Tek Wolf

Du konzentrierst dich auf jeden Satz, bevor du den nächsten anfängst. Sicher die vernünftigere Vorgehensweise,

 

Lieber Tek Wolf,

 

das möchte ich nicht unterschreiben. Jeder hat seinen eigenen Arbeitsstil, mit dem er am besten vorankommt und der ihm am meisten Spaß bereitet. Über gut oder schlecht entscheidet am Ende höchstens das Ergebnis.

 

Viele Grüße

Jona

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

15.03.2024 um 12:46 Uhr

Natürlich, lieber Jona Mondlicht, ich wollte damit nicht unterstellen, dass es gute und schlechte Methoden gibt. Ich habe mich da unpräzise ausgedrückt, ich meinte von meiner Warte aus, würde deine Methode mir sicher so manches Kopfzerbrechen ersparen. Nichts anders

 

Grüße

Tek

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

15.03.2024 um 12:52 Uhr

Noch ein Nachtrag zu dem Hinweis von Leo Me. Die Funktion "laut vorlesen" in Word hat sich sogar als immens hilfreich herausgestellt. Ich habe etliche Fehler gefunden, die ich wiederholt überlesen habe. Vielen Dank nochmal für den Tipp

 

Grüße

Tek

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Jona Mondlicht

Autor. Korrektor. Teammitglied. Förderer.

24.03.2024 um 14:26 Uhr

geändert am 24.03.2024 um 14:30 Uhr

Tek Wolf

Liebe Mitautoren und Leser, die es interessiert, hier eine neue Frage an euch und ich bin auf die Antworten wie immer sehr gespannt.

 

Zwei Wochen später, von einer dreistelligen Zahl Autorinnen und Autoren, mehreren Teilnehmern von Schreibwerkstätten und allen anderen Schreibenden hier gab es nur drei(!) Reaktionen. Egal, ob es am Desinteresse an gemeinsamem Austausch oder am Nichtgönnen eigener Tipps für Andere liegt, es macht mich komplett traurig. Im gleichen Zeitraum landen in meinem Mailpostfach mehrere Anfragen von Autorinnen und Autoren, doch ihren Text mal einzuschätzen. Geben und Nehmen.

 

Ich habe gerade selbst damit begonnen, einen doch recht lang gewordenen Text zu überarbeiten, lieber Tek Wolf, und darum habe ich mich an Deinen Beitrag hier erinnert. Meine Textverarbeitung schaut mich jetzt also auch an (ein "Anstarren" ist es glücklicherweise noch nicht). Ich habe allerdings schon einige Formulierungen gekillt, die ich beim Schreiben als besonders gelungen, als schöne Satzmelodie oder bemerkenswert poetisch empfand. Der Zeitraum, der zwischen Schreiben und Überarbeitungslesen liegt, ist in meinem Fall recht lang, zum Teil sind es drei Jahre. Und so bemerke ich, dass damaliger Perfektionismus zu Sätzen geführt hat, die ich heute aus Lesersicht und mit Abstand als gestelzt empfinde. Vielleicht - und deswegen schreibe ich es Dir - ist es auch eine gute Idee, den Text einfach mal ein paar Wochen beiseite zu legen. Es müssen ja nicht gleich drei Jahre sein. Aber wenn man nach längerer Zeitspanne wieder in den Text finden muss, genau, wie es künftig jedem Leser mit dem Text ergehen wird, enttarnt man die Üppigkeit mancher Verschnörkelung.

 

Viele Grüße

Jona

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